Faszien und chronische Schmerzen: Ein neuer Ansatz zur Behandlung
Chronische Schmerzen betreffen Millionen von Menschen weltweit, beeinträchtigen den Alltag und verhindern, dass Betroffene Aktivitäten ausführen können, die sie lieben. Wissenschaftliche Fortschritte haben in den letzten Jahren einen entscheidenden, oft übersehenen Faktor für chronische Schmerzen offengelegt: die Faszien. Dieses bindegewebige Netzwerk umgibt Muskeln, Knochen und Organe und hat einen erheblichen Einfluss auf Schmerzempfinden und Beweglichkeit.
Indem wir die Rolle der Faszien bei Schmerzen durch manuelle Therapie und Körperausrichtung angehen, lassen sich neue Wege zur Linderung und Heilung aufzeigen. In diesem Blogbeitrag erforschen wir die faszinierende Verbindung zwischen Faszien und chronischen Schmerzen, gehen auf häufige Schmerzsyndrome ein und beleuchten alternative Behandlungsansätze, die sich als wirksam erwiesen haben. Zusätzlich erklären wir, was Schmerz ist, wie er im Körper funktioniert, wie chronische Schmerzen zu einer erlernten Reaktion werden können – und wie sich diese wieder „verlernen“ lässt. Abschließend diskutieren wir die Rolle von Narben bei Schmerzen sowie effektive Methoden, diese zu lindern.
Was ist Schmerz und wie funktioniert er im Körper?
Schmerz ist eine komplexe sensorische und emotionale Erfahrung, die dazu dient, den Körper zu schützen. Bei Gewebeschäden oder -bedrohungen senden Nervenzellen (Nozizeptoren) Schmerzsignale über das Rückenmark an das Gehirn. Diese Signale lösen eine Reaktion aus, wie das Zurückziehen von einer heißen Oberfläche oder das Ruhigstellen einer verletzten Gliedmaße, um weiteren Schaden zu verhindern.
Allerdings funktioniert dieses System nicht immer perfekt. Schmerzen können lange nach der Heilung der ursprünglichen Verletzung anhalten oder sogar ohne offensichtliche Gewebeschäden auftreten. Dies kann durch zentrale Sensibilisierung entstehen – einen Zustand, bei dem das Nervensystem überempfindlich wird und Schmerzsignale unnötig verstärkt (Latremoliere & Woolf, 2009).
Chronische Schmerzen als erlernte Reaktion
Chronische Schmerzen werden oft als „erlernte Reaktion“ beschrieben, was auf das Phänomen der Neuroplastizität zurückzuführen ist. Das Gehirn und das Nervensystem passen sich im Laufe der Zeit an, was für das Erlernen neuer Fähigkeiten von Vorteil ist, aber bei Schmerzen problematisch werden kann. Wiederholte Schmerzerfahrungen können neuronale Bahnen schaffen, die den Schmerz verstärken und es dem Gehirn erleichtern, „Schmerz zu lernen“ – und erschweren, diesen wieder „zu verlernen“ (Doidge, 2007).
Deshalb können chronische Schmerzen auch dann bestehen bleiben, wenn die ursprüngliche Ursache nicht mehr vorhanden ist. Die gute Nachricht ist, dass das Gehirn Schmerz genauso verlernen kann, wie es ihn gelernt hat. Techniken wie graduierte Exposition, Achtsamkeit und manuelle Therapie können helfen, das Nervensystem umzutrainieren und die Schmerzsensitivität zu verringern.
Was sind Faszien und wie beeinflussen sie chronische Schmerzen?
Faszien sind ein dynamisches, kontinuierliches Netzwerk aus Bindegewebe, das strukturellen Halt bietet und dem Körper fließende Bewegungen ermöglicht. Sie sind reich an sensorischen Nerven und reagieren empfindlich auf Berührungen und physische Veränderungen. Werden Faszien jedoch aufgrund schlechter Haltung, Verletzungen, Stress oder Bewegungsmangel eingeschränkt, entzündet oder beschädigt, können sie zu chronischen Schmerzen beitragen.
Faszien verbinden und interagieren mit Muskeln, Nerven und Organen, was bedeutet, dass Verspannungen oder Einschränkungen in einem Bereich kompensatorische Belastungen im gesamten Körper verursachen können. Diese Interkonnektivität erklärt, warum Schmerzen an einem Ort oft durch fasziale Dysfunktionen an anderer Stelle verursacht werden können (van der Wal, 2009).
Die Auswirkungen von Narben auf Schmerzen und Unwohlsein
Narben, sei es durch Operationen, Verletzungen oder Verbrennungen, können die Faszien und die gesamte Körperfunktion erheblich beeinträchtigen. Wenn sich Narbengewebe bildet, kann es Verwachsungen in den Faszien verursachen, die Bewegung einschränken, die Haltung verändern und sogar Schmerzen in scheinbar nicht zusammenhängenden Bereichen verursachen. Diese Verwachsungen stören das natürliche Gleiten der Gewebe, was zu Kompensationsmustern und einer erhöhten Belastung benachbarter Bereiche führt.
Alternative Behandlungsansätze für Narben und Schmerzlinderung:
1. ScarWork-Therapie: Diese sanfte, manuelle Technik stellt das Gleiten und die Elastizität der Faszien um Narben herum wieder her, lindert Schmerzen und verbessert die Funktion (Richardson, 2024).
2. Faszienfokussierte Massage: Techniken wie Myofascial Release oder Rolfing können die durch Narben verursachten Kompensationsmuster angehen.
3. Selbstpflege: Einfache Narbenmassagen, kombiniert mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr und Dehnübungen, können die Flexibilität des Narbengewebes erhalten.
Häufige Schmerzsyndrome im Zusammenhang mit Faszien und ihre alternativen Behandlungen
1. Fibromyalgie
Beschreibung: Fibromyalgie ist eine komplexe, chronische Erkrankung, die durch weit verbreitete muskuloskelettale Schmerzen, extreme Müdigkeit und eine erhöhte Berührungsempfindlichkeit gekennzeichnet ist. Faszialdysfunktionen wie Verklebungen können Schmerzen verstärken.
Alternative Behandlung: Myofascial Release Therapy (MFR) reduziert fasziale Einschränkungen und beruhigt das Nervensystem. Ergänzend können Yoga, Tai Chi und Atemübungen helfen, Schmerzen zu lindern und Stress abzubauen.
2. Myofasziales Schmerzsyndrom (MPS)
Beschreibung: MPS wird durch die Entwicklung von Triggerpunkten (überreizte Knoten) in den Faszien und Muskeln verursacht. Diese Triggerpunkte können Schmerzen auf andere Bereiche übertragen.
Alternative Behandlung: Triggerpunkt-Therapie in Kombination mit manueller Kompression oder Dry Needling kann Triggerpunkte deaktivieren und die Gewebefunktion wiederherstellen.
3. Plantarfasziitis
Beschreibung: Diese Entzündung der Plantarfaszie verursacht stechende Schmerzen in der Ferse, besonders morgens oder nach längerer Inaktivität.
Alternative Behandlung: Manuelle Therapie für die Plantarfaszie, kombiniert mit Fußmassagen und Dehnübungen, kann Spannungen und Entzündungen reduzieren.
4. Chronische Rückenschmerzen
Beschreibung: Dysfunktionen in der thorakolumbalen Faszie, die die Wirbelsäule stützt, können durch schlechte Haltung oder Stress chronische Rückenschmerzen verursachen.
Alternative Behandlung: Rolfing Structural Integration hilft, die Körperhaltung zu verbessern und fasziale Verklebungen zu lösen.
5. Frozen Shoulder (Adhäsive Kapsulitis)
Beschreibung: Frozen Shoulder verursacht Schmerzen und Steifheit im Schultergelenk, oft durch fasziale Einschränkungen.
Alternative Behandlung: Faszienmanipulation und ScarWork-Therapie können die Beweglichkeit der Schulter wiederherstellen.
6. Spannungskopfschmerzen und Migräne
Beschreibung: Faszienverspannungen in Nacken, Schultern und Kopf können chronische Kopfschmerzen und Migräne auslösen.
Alternative Behandlung: Craniosacrale Therapie und gezielte Faszienfreisetzung können Spannungen lösen.
Praktische Ansätze zur Behandlung chronischer Schmerzen durch Faszien-Therapie
Manuelle Therapie: Techniken wie Rolfing, Myofascial Release und Triggerpunkt-Therapie.
Haltungsverbesserung: Strukturelle Integration zur Reduktion von Belastungen.
Stressbewältigung: Atemtechniken, Meditation und Achtsamkeit.
Bewegungstherapie: Yoga, Tai Chi oder Feldenkrais.
Bildung: Aufklärung über Faszien und Selbstpflege-Routinen.
Ernährung: Eine entzündungshemmende Ernährung kann chronische Schmerzen positiv beeinflussen. Lebensmittel wie fetter Fisch (Omega-3-Fettsäuren), Beeren (Antioxidantien), grünes Blattgemüse und Kurkuma können dabei helfen, systemische Entzündungen zu reduzieren. Der Verzicht auf hochverarbeitete Lebensmittel, Zucker und Transfette kann ebenfalls eine schmerzlindernde Wirkung haben.
Fazit
Faszien spielen eine entscheidende Rolle bei chronischen Schmerzen und bieten gleichzeitig Ansätze zur Heilung. Faszienfokussierte Behandlungen lindern Schmerzen, fördern Beweglichkeit und stärken das Körperbewusstsein.
Call-to-Action:
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References
Doidge, N. (2007). “The Brain That Changes Itself: Stories of Personal Triumph from the Frontiers of Brain Science”. Viking.
Latremoliere, A., & Woolf, C. J. (2009). Central sensitization: A generator of pain hypersensitivity by central neural plasticity. “The Journal of Pain, 10”(9), 895-926.
Richardson, A. (2024). Rolfing Structural Integration and Chronic Pain. Structure, Function, Integration Journal, December 2024 Edition.
van der Wal, J. C. (2009). The architecture of the connective tissue in the musculoskeletal system. “Journal of Bodywork and Movement Therapies, 13”(2), 123-134.
Über den Autor:
Tobias Elliott-Walter ist zertifizierter Rolfer® (European Rolfing® Association, München) und ScarWork™-Praktiker für integrative Narbenarbeit. Seine Expertise basiert auf praktischer Erfahrung und kontinuierlicher Weiterbildung in der Faszienarbeit. Als praktizierender Therapeut in Saarbrücken verbindet er wissenschaftliche Erkenntnisse mit praktischer Anwendung.
Seine Qualifikationen umfassen:
• Zertifizierter Rolfer® (European Rolfing® Association, München)
• ScarWork™-Praktiker für integrative Narbenarbeit
• Zertifizierter Sivananda Yogalehrer (Bahamas Ashram, 2018)
• Heilpraktiker in Ausbildung
Sein ganzheitlicher Ansatz basiert auf der Überzeugung, dass körperliches und mentales Wohlbefinden untrennbar miteinander verbunden sind. Durch seine internationale Berufserfahrung bietet er Behandlungen sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch an.
Fachliche Qualifikationen
• Rolfing® ist eine eingetragene Dienstleistungsmarke des Dr Ida Rolf Institute of Structural Integration
• Sharon Wheeler's ScarWork™ bezieht sich auf die spezifische, von Sharon Wheeler entwickelte Methodik
• Alle erwähnten Markenzeichen verbleiben im Eigentum ihrer jeweiligen Inhaber
Fachliche Standards Alle medizinischen und wissenschaftlichen Aussagen basieren auf aktueller Forschung und professioneller Erfahrung. Als Heilpraktiker in Ausbildung arbeite ich nach den strengen Richtlinien des deutschen Heilpraktikergesetzes.
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und ersetzt keine medizinische Beratung. Die hier geteilten Informationen basieren auf aktueller wissenschaftlicher Forschung und praktischer Erfahrung. Bei gesundheitlichen Beschwerden wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Therapeuten.
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