Faszien und Kraftübertragung bei sportlichen Leistungen

Faszien und Kraftübertragung bei sportlichen Leistungen

Wenn es um sportliche Leistung geht, stehen meist Muskeln, Knochen und Gelenke im Mittelpunkt. Faszien – das Bindegewebe, das unseren gesamten Körper durchzieht – spielen jedoch eine entscheidende, oft unterschätzte Rolle. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass Faszien weit mehr sind als nur „Verpackungsmaterial“ für unsere Organe und Muskeln: Sie sind ein aktives, dynamisches System, das Beweglichkeit, Koordination und Verletzungsprävention maßgeblich beeinflusst.

Schlüsselfunktionen der Faszien im Sport

  • Kraftübertragung & Energiespeicherung:Faszien speichern bis zu 35 % der kinetischen Energie beim Laufen und ermöglichen durch elastische Rückfederung explosive Bewegungen. Das verbessert die Effizienz und schont die Muskulatur (Wilke et al., 2023).

  • Propriozeption & Koordination:Faszien verfügen über mehr Sensoren als Muskelgewebe und ermöglichen so eine präzise Bewegungssteuerung und ein verbessertes Körpergefühl (Behm et al., 2023).

  • Verletzungsprävention:Elastische Faszien absorbieren Stöße, verteilen Belastungen gleichmäßig und fördern die Regeneration – ein wichtiger Beitrag zur Verletzungsprävention (Stecco et al., 2023).

Die Wissenschaft der myofaszialen Kraftübertragung

Tensegrity-Prinzip im Sport:Faszien bilden ein durchgehendes Spannungsnetzwerk. Lokale Veränderungen wirken sich auf die gesamte Bewegungskette aus (Zügel et al., 2018).

Praktisches Beispiel: Tennis-Aufschlag:Die Kraft beginnt in den Füßen und wird durch die Faszienketten nach oben geleitet – bis zu 54 % der Schlagkraft stammen aus der faszialen Kraftübertragung (Wilke et al., 2023).

Sprungbewegungen:Achillessehne und plantare Faszie speichern und geben Energie frei – gut trainierte Faszien können die Sprunghöhe um bis zu 15 % verbessern (Behm et al., 2023).

Trainingsmethoden für optimale Faszienleistung

Basis-Training:

Federnde Bewegungen (2–3 Serien à 20–30 Sekunden)

Dynamische Dehnungen mit Spiralbewegungen (8–10 Wiederholungen pro Muster)

Fortgeschrittenes Training:

Reaktives Training mit plyometrischen und multidirektionalen Bewegungen

Sportartspezifische Anpassung und Integration ins Training

Regeneration und Faszienpflege

Sofortmaßnahmen nach dem Training:

Ausreichend Flüssigkeit (mind. 500 ml Wasser)

Sanfte, oszillierende Bewegungen und leichte Dehnübungen

Faszien-Release mit Rolle oder Ball (2–3 Minuten pro Region)

Langfristige Pflege-Strategien:

Ausreichende Proteinzufuhr, Vitamin C, Omega-3-Fettsäuren

48–72 Stunden Erholung nach intensivem Faszientraining

Regelmäßige Überprüfung und Dokumentation der Gewebequalität

Faszien gewinnen zunehmend an Bedeutung für sportliche Leistung und Verletzungsprävention. Ihr Beitrag zur Kraftübertragung, Energiespeicherung und Koordination macht sie für Sportler*innen auf jedem Niveau unverzichtbar. Die Forschung wird in Zukunft sicher noch viele spannende Erkenntnisse zum Potenzial der Faszien liefern.

Updated: 07.06.2025


References

Zügel, M., et al. (2018). Fascial tissue research in sports medicine: from molecules to tissue adaptation, injury and diagnostics. British Journal of Sports Medicine, 52(23), 1497-1504. DOI

Wilke, J., et al. (2023). Myofascial force transmission in human movement and sport: A systematic review. Sports Medicine, 53(1), 1-19. DOI

Schleip, R., et al. (2019). Fascia Is Able to Actively Contract and May Thereby Influence Musculoskeletal Dynamics. Frontiers in Physiology, 10, 336. DOI

Behm, D.G., et al. (2023). Effectiveness of Dynamic Stretching on Fascial Properties: A Systematic Review. Journal of Sports Sciences, 41(8), 677-689. DOI

Stecco, C., et al. (2023). The Fascial System in Athletic Performance and Injury Prevention: Current Concepts. Sports Medicine, 53(8), 1567-1578. DOI


Weiterführende Literatur / Further Reading:

• "Anatomy Trains in Sport and Movement" von Thomas Myers (2020)

ISBN: 978-0702078132

• "Fascial Fitness" von Robert Schleip & Johanna Bayer (2023)

ISBN: 978-1905367795


Fachliche Qualifikationen

• Rolfing® ist eine eingetragene Dienstleistungsmarke des Dr Ida Rolf Institute of Structural Integration

• Sharon Wheeler's ScarWork™ bezieht sich auf die spezifische, von Sharon Wheeler entwickelte Methodik

• Alle erwähnten Markenzeichen verbleiben im Eigentum ihrer jeweiligen Inhaber

Fachliche Standards Alle medizinischen und wissenschaftlichen Aussagen basieren auf aktueller Forschung und professioneller Erfahrung. Als Heilpraktiker in Ausbildung arbeite ich nach den strengen Richtlinien des deutschen Heilpraktikergesetzes.


Über den Autor:

Tobias Elliott-Walter ist zertifizierter Rolfer® (European Rolfing® Association, München) und ScarWork™-Praktiker für integrative Narbenarbeit. Seine Expertise basiert auf praktischer Erfahrung und kontinuierlicher Weiterbildung in der Faszienarbeit. Als praktizierender Therapeut in Saarbrücken verbindet er wissenschaftliche Erkenntnisse mit praktischer Anwendung.

Seine Qualifikationen umfassen:

• Zertifizierter Rolfer® (European Rolfing® Association, München)

• ScarWork™-Praktiker für integrative Narbenarbeit

• Zertifizierter Sivananda Yogalehrer (Bahamas Ashram, 2018)

• Heilpraktiker in Ausbildung

Sein ganzheitlicher Ansatz basiert auf der Überzeugung, dass körperliches und mentales Wohlbefinden untrennbar miteinander verbunden sind. Durch seine internationale Berufserfahrung bietet er Behandlungen sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch an.


Wichtiger Hinweis:

Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und ersetzt keine medizinische Beratung. Die hier geteilten Informationen basieren auf aktueller wissenschaftlicher Forschung und praktischer Erfahrung. Bei gesundheitlichen Beschwerden wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Therapeuten.

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